Damals, als wir den Bob-Club Zürichsee gründeten
di. Meist entsteht Neues aus Unzufriedenheit mit alten Zuständen. Daraus kann Grosses wachsen. Der Bob-Club Zürichsee bestätigt diese Regel. Das zeigt seine Entstehungsgeschichte vor 50 Jahren. Festgehalten wurde sie von der bestmöglichen Quelle: von Heinz Moergeli. Der BCZS-Gründervater schrieb sie nieder, erschienen ist sie zum 10-Jahres-Jubiläum im «Seebob» vom Juni 1986 – und sei an dieser Stelle im Originalwortlaut wiedergegeben.
Die Idee, einen eigenen Zürichsee-Bobclub zu gründen, war schon seit 1974 diskutiert worden. Vor allem die einstigen Handball- und Leichtathletikfreunde Erich und Peter Schärer, Ernst Wittwer und Heinz Moergeli waren es, die zusammen den Bobsport gleichsam an den Zürichsee (zurück)bringen wollten. Ergriffen wurde die Initiative dann vom damaligen Redaktor der Zürichsee-Zeitung, Heinz Moergeli, der im «Veranstaltungskalender» vom 23. Januar 1976 folgenden Aufruf publizierte: «Einem lange gehegten Wunsch von zahlreichen Aktiven und weiteren Bobsportfreunden vom See entsprechend, soll noch dieses Jahr ein Zürichsee-Bobclub gegründet werden. Die Vorbereitungen zu einer Clubgründung sind bereits in die Wege geleitet. Bobsportfreunde vom See, die sich für den zu gründenden Bob-Club Zürichsee interessieren, sind gebeten, sich zu melden.»
Das war der Anfang. Und der Fortgang? Am Nachmittag des 14. Februar 1976, kurz nachdem die olympische Viererbob-Silbermedaille für das Schärer-Team in Innsbruck Tatsache geworden war, kam das lange Warten, bis der Bremser Sepp Benz in der Lage war, das ominöse Dopingkontroll-Fläschchen zu füllen. Während dieser «Kunstpause» diskutierten Erich Schärer, Jury-Mitglied Walter Graf und Heinz Moergeli im Zielraum zu Igls, wie es nach der Olympiade weitergehen sollte. Fazit: Noch im April oder Mai muss ein Bob-Club Zürichsee zur Tatsache werden.
In St. Moritz alles vorbereitet
Anlässlich der Europameisterschaften fand am 21. Februar 1976 im Bären zu St. Moritz eine weitere Besprechung zu diesem Thema statt zwischen dem damaligen Verbandspräsidenten Peter Kasper, Walter Graf, Jean Wicki und Heinz Moergeli. Bereits eine Woche darauf, am 28. Februar, trafen sich Walter Graf und Heinz Moergeli noch einmal im Bären, um das genaue Prozedere einer Clubgründung abzustecken. Innert nur fünf Tagen war praktisch alles geregelt: Am 5. März 1976 stand die Zusammensetzung des «Gründungs-Vorstands» bereits fest. Das Tandem Graf/Moergeli konnte sich daranmachen, die Statuten zu entwerfen.
Mit Brief vom 11. April 1976 wurde der SBSV-Zentralvorstand informiert, dass die Gründung des Bob-Clubs Zürichsee am 21. Mai erfolgen würde; gleichzeitig erging an den ZV die Bitte, die Aufnahme des BCZS in den SBSV auf die Traktandenliste der Delegiertenversammlung zu nehmen. Die letzten Vorbereitungen für die Clubgründung wurden anlässlich einer Sitzung am 20. April im Büro von Heinz Moergeli in Zollikon getroffen. Dabei waren Walter Graf, Erich Schärer, Ernst Wittwer, Hans Jud, Fredi Wettstein, Kurt Stamm, Hans Marti und Heinz Moergeli.
31 Gründungsmitglieder als Starthilfe
Die Idee war von Walter Graf, dem ehemaligen TK-Boss des SBSV, den ich im zehnjährigen Rückblick vorbehaltlos auch als «Vater des modernen Schweizer Bobsports und der helvetischen Grosserfolge» bezeichnen kann: Graf riet, im Hinblick auf die Clubgründung eine «Founder-Organisation» ins Leben zu rufen. Ich griff den Gedanken auf und machte mich daran, Persönlichkeiten aus Politik, Sport, Geschäftswelt und Show-Business als Gründungsmitglieder zu gewinnen.
Es gab viele Zusagen. Und einige Abwinker. Der damalige Bundesrat Ernst Brugger schrieb mir am 29. März 1976 unter anderem: «Nach reiflicher Überlegung muss ich Ihnen eine Absage erteilen. Persönlich habe ich keine Beziehung zum Bobsport. Ich war früher im Turnwesen aktiv tätig, einer Sparte, mit der ich auch heute noch aktiv verbunden bin. Damit glaube ich, meinen Beitrag für den Sport ganz allgemein zu leisten. Ich liebe es nicht, <Hansdampf in allen Gassen> zu sein. Ich bin überzeugt, dass Sie für meine Haltung Verständnis aufbringen. Ihrem Vorhaben wünsche ich trotzdem einen ausgezeichneten Start. Ich habe mich natürlich über die grossartigen Leistungen unserer Bobfahrer vom Zürichsee sehr gefreut.»
Anders wiederum Sepp Renggli, der mir schrieb: «Bob-Club Zürichsee o.k. Ich stelle mich gerne in die Reihe der Gründungsmitglieder.» Oder Marie-Theres Nadig: «Gerne stelle ich mich für diese Starthilfe zur Verfügung.»
Kabarettist Franz Hohler, damals in Uetikon wohnhaft, schrieb: «Um es kurz zu machen: lieber nicht. Der Bob-Sport ist von allen Sportarten etwa diejenige, zu der ich die geringste Beziehung habe. Das heisst nicht, dass ich kein Verständnis habe für die, welche Freude daran haben: aber als Gründungsmitglied müsste ich doch ein gewisses Engagement für diese Sache in mir fühlen. Und so sehr ich auch in mir wühle – ich finde es nicht.»
Zarli Carigiet – damals auch ein Uetiker Kabarettist – meinte trocken: «Ghasch mi ufschriibe.» Gody Baumberger (TV-Sport-Kommentator) sagte ebenso spontan zu und schrieb am 12. März 1976: «Da ich von Bob nur soviel verstehe, als dass ich weiss, dass es normalerweise von oben nach unten geht, wirst du verstehen, wenn ich in dieser Sache keine weiteren Verpflichtungen übernehmen könnte.»
Und Nationalrat Ulrich Bremi (Zollikon) schrieb mir am 8. März 1976: «Unter der Voraussetzung, dass das Gründungskomitee gemeinsam die neue Bobbahn von Zollikon hinunterrasen darf, bin ich sehr gerne bereit, dem Bob-Club Zürichsee zu Gevatter zu stehen.» Alt-Stapi Emil Landolt teilte am 28. März 1976 unter anderem mit: «Ich wünsche, dass der Bob-Club Zürichsee bald auf den Beinen stehe, blühe und gedeihe und dem Bobsport eine wirksame Hilfe werde.»
«Gründung rechtmässig vollzogen»
Am 21. Mai 1976 war es soweit: Um 20 Uhr begann im grossen Saal des Hotel Krone zu Uetikon die Gründungsversammlung. 54 Personen nahmen an diesem denkwürdigen Anlass teil – unter ihnen SBSV-Zentralpräsident Peter Kasper, TK-Chef Jean-Louis Baraga sowie die Gründungsmitglieder Prof. Dr. Gion Condrau, Fritz Feierabend, Max Gisiger, Mario Oss, Walter Schweizer und Max Forster.
Im Gründungsprotokoll, das von Vize-Präsident Hans Jud verfasst wurde, steht unter Traktandum 2 «Gründung des Bob-Clubs Zürichsee durch die Gründungsmitglieder» zu lesen: «Gründungsmitglied Mario Oss nimmt diesen Akt vor. Einstimmig und unter dem Applaus der Versammlung bekennen sich die anwesenden Gründungsmitglieder zur Gründung des Bob-Clubs Zürichsee. Die Gründung wird somit rechtmässig vollzogen.»
Und weiter ist im erwähnten Gründungsprotokoll zu lesen: «Heinz Moergeli gibt einen summarischen Überblick über die zu verfolgenden Grundsätze. Der Bob-Club Zürichsee soll auf einer möglichst breiten Basis gedeihen. Es liege allerdings in der Natur der Sache – beziehungsweise der Sportart -, dass die nicht aktiven Clubmitglieder, die Supporter, überwiegen werden. Mit den bereits vorhandenen Aktiven ist ein noch zu rekrutierender Nachwuchs intensiv zu fördern. Es wird nach jungen Talenten Ausschau gehalten. Damit allen Clubmitgliedern eine möglichst abwechslungsreiche Saison geboten werden kann, soll – neben dem Sport – auch der gesellschaftliche Teil nicht zu kurz kommen. Ein Anliegen des Clubs wird es sein, dass jedes Clubmitglied einmal die Möglichkeit erhält, selber in einem Bob mitzufahren.»
Wunschziel: Bobbahn am Pfannenstiel
Unter dem Traktandum «Verschiedenes» meldete sich kurz vor 22 Uhr auch SBSV-Zentralpräsident Peter Kasper zu Wort. Blättern wir wieder im Protokoll: «Peter Kasper, SBSV-Zentralpräsident, bedankt sich für die Einladung und den netten Empfang und schliesst sich den Gratulanten mit herzlichen Worten an. Die Gründung des Bob-Clubs Zürichsee bedeute für ihn eine freudige Überraschung. Spontan tritt Peter Kasper dem Bob-Club Zürichsee als Mitglied Nummer 1 bei. Zürich bedeute ihm, so führte er weiter aus, gleichsam die zweite Heimat. Peter Kasper sieht für den eben aus der Taufe gehobenen Club eine gute Zukunft voraus – vor allem in Anbetracht des starken Fundaments (Gründungsmitglieder), der Aktiven und des Teams, welches dem Club vorstehen wird.»
In eigener Sache kommt Peter Kasper auf die Schwierigkeiten im SBSV zu sprechen; er erläutert kurz die aktuelle Situation im Verband und unterstreicht in diesem Zusammenhang auch die guten Leistungen von TK-Präsident Jean-Louis Baraga. Mit allem Nachdruck weist Zentralpräsident Peter Kasper die in der Presse (Blick) verbreiteten Vorwürfe Baraga gegenüber als unbegründet zurück. Der SBSV-Präsident, der bekanntlich an der diesjährigen Delegiertenversammlung nach langjähriger, äusserst erfolgreicher Tätigkeit von seinem Amt zurücktreten wird, formuliert seine guten Wünsche an den jüngsten Club des Schweizerischen Bob- und Schlittensportverbandes – zusammengefasst – wie folgt:
- nie ermüdende Mithilfe zur Förderung des Bob-, Schlittel- und Skeletonsports
- positive Zusammenarbeit mit anderen Clubs des SBSV (speziell auch mit dem St. Moritz Bobsleigh Club) sowie mit dem Verband
- Initiative und Zielsetzung zum Bau der ersten Kunsteisbahn der Schweiz in der Nähe von Zürich (zum Beispiel am Pfannenstiel)
Abschliessend überbringt Peter Kasper die besten Grüsse und Wünsche des Schweizerischen Landesverbands für Leibesübungen SLL und des Schweizerischen Olympischen Komitees SOC.
«Schärer Brothers hoben eigenen Bob-Club aus der Taufe…»
Tags darauf, am 22. Mai, berichtete Gründungsversammlungs-Teilnehmer Josef Kehl im Blick: «Die Schärer-Brothers hoben gestern Abend in Uetikon ihren eigenen Bob-Club aus der Taufe: den BC Zürichsee.» In der Zürichsee-Zeitung schrieb Ernst Mühlheim: «Ein lange gehegter Wunsch ging gestern Abend in Uetikon in Erfüllung: der Bob-Club Zürichsee wurde gegründet. Über 50 Personen aus Politik, Sport und Verbänden wohnten im festlich dekorierten „Krone-Saal“ der vom neuen Präsidenten Heinz Moergeli (Zollikon) geleiteten Gründungsversammlung bei.»
«Aus Neid und aus anderen Gründen…»
An der Delegiertenversammlung des SBSV vom 24. Juli 1976 in Les Avants wurde der Bob-Club Zürichsee als 16. Mitgliedclub in den Verband aufgenommen. Die Aufnahme erfolgte allerdings nicht ohne Zwischenfälle. Im Sonntags-Blick vom 25. Juli 1976 war da unter anderem zu lesen: «Negativster Höhepunkt: Der Bob-Club Zürichsee konnte seine konstruktivsten Vorschläge leider nicht vorbringen, weil er erst nach den Wahlen nach langem Gerangel aufgenommen wurde.»
Und die Zürichsee-Zeitung berichtete: «Aus Neid und anderen Gründen wollten einige Clubdelegierte die Aufnahme des Bob-Clubs Zürichsee in den Verband sabotieren (…) Trotz einiger Gegenstimmen (Zürcher Bob-Club) wurde der BC Zürichsee als 16. Mitglied in die SBSV-Familie aufgenommen.»
Das ungeborene Kind heisst «See-Bob»
So war das also 1976. Auf der Rückfahrt von Les Avants diskutierten wir lange über die Zukunft unseres jungen Clubs. Dabei kamen wir zur Überzeugung, dass es jetzt erst recht gelte, zusammenzuhalten, und dass dies am besten gelänge, wenn möglichst rasche eine Club-Zeitung herausgegeben werden könnte. Irgendwo in der Gegend von Lenzburg war das noch ungeborene Kind bereits getauft: Es sollte «See-Bob» heissen. Heinz Moergeli
Die 31 BCZS-Gründungsmitglieder
In der ersten Ausgabe des «See-Bob» (September 1976) sind die Gründungsmitglieder des Bob-Clubs Zürichsee wie folgt vorgestellt worden (mit ihren Funktionen und Wohnorten von damals):
Godi Baumberger: Sportreporter und Kaufmann (Zollikerberg).
Ulrich Bremi: Nationalrat und Direktor (Zollikon).
Zarli Carigiet: Schauspieler (Uetikon am See).
Gion Condrau: Prof. Dr. med. et phil; Nationalrat (Herrliberg).
Andreas Däscher: Neunfacher Schweizer Meister im Skispringen (Meilen).
Fritz Feierabend: Sechsfacher Bob-Weltmeister (Engelberg).
Max Forster: Weltmeister im Viererbob 1971 (Wohlen).
Rolf Gautschi: Dr. med. dent.; Curling-Weltmeister 1975 (Zollikon).
Max Gisiger: Fabrikant (Pfaffhausen).
Peter Gut: Direktor (Erlenbach).
Fritz Honegger: Dr.; Ständerat und Präsident der Zürcher Handelskammer und nachmaliger Bundesrat (Rüschlikon).
Hans Jäger: Oberstleutnant, Kreiskommandant des Militärkreises am See, Präsident des Zürcher Kantonalturnverbands (Thalwil).
Hans Imholz: Inhaber eines Reisebüros (Herrliberg).
Theodor Kloter: Nationalrat (Meilen).
Hans W. Kopp: Dr.; Rechtsanwalt (Zumikon).
Hans Küderli: Industrieller (Küsnacht).
Hans Künzli: Prof. Dr.; Regierungsrat und Nationalrat (Zürich).
Josef Landolt: Dr. pharm.; Präsident des Zürcher Kantonsrats 1977 und nachmaliger Nationalrat (Zollikerberg).
Fritz Lienhard: Gemeindepräsident (Herrliberg).
Albert Mossdorf: Regierungsrat (Bülach).
Marie-Theres Nadig: Doppel-Olympiasiegerin 1972 (Flums).
Mario Oss: Architekt und Brigadier (Stäfa).
Hazy Osterwald: Kapellmeister (Meilen).
Clay Regazzoni: Automobilrennfahrer (Casserate).
Sepp Renggli: Sportreporter (Ebmatingen).
Hans Senn: Dr.; Korpskommandant und nachmaliger Generalstabschef (Gümligen).
Joe Schmid: Kapellmeister (Thalwil).
Anton Schrafl: Dr.; Kantonsrat und Industrieller (Zollikon).
Walter Schweizer: Generalagent einer Versicherungsgesellschaft (Rüschlikon).
Jakob Stucki: Regierungsrat (Seuzach).
Luigi Taveri: Dreifacher Motorrad-Weltmeister (Samstagern).